Die Sturmkinder

Raven seufzte. Außerdem ist er doch längst im Kerker.

Tira blieb dort stehen. Sie dachte nach. War es richtig, was sie da tat? Oder falsch?

Mortifer kam langsam zu sich. "Argh... Scheiß Falk.", knurrte er. "Ich nehm ihn feinsäuberlich außeinander, wenn ich ihn finde. Und Tira darf zusehen."

Falk sah sie an. "Was ist los?"

Tira sah Falk an. "Ich..." Sie wusste nicht, wie sie ihre Gefühle aussprechen sollte, also schwieg sie.

"Du?" Falk legte den Kopf schief.

Mortifer machte sich auf die Suche nach Falk.

Tira sah Falk an. "Soll ich dir alles ganz genau erklären?"

Falk nickte. "Ich hab Zeit."

Tira holte tief Luft. "Ich wurde mit dem einen Ziel geboren - Raven zu gehorchen und für ihn zu kämpfen. Meine Eltern brachten mir alles bei. Kämpfen und auch all mein Wissen über den Palast und Raven selbst. Als ich dann endlich 15 Jahre alt war, präsentierten mich meine Eltern vor unserem "König". Dieser lachte meine Eltern und mich auch. `Wie könnt ihr denken, dass diese Missgeburt jemals an meiner Seite kämpfen darf?´, hatte er gesagt. Er ließ meine Eltern köpfen und mich verbannte er auf die Erde. Ich könnte ja eh niemals ins Himmelsreich zurück. Seit dem frage ich mich, ob es überhaupt noch einen Sinn für mich gibt zu leben. Alles, was ich in meinem bisherigen Leben gemacht habe, war völlig umsonst. Und jetzt muss ich mit ansehen, wie diese Snow an seiner Seite ist. Sie hat den Platz bekommen, den ich nicht bekam. Sie hat ihren Platz auf der Welt gefunden und ich muss weiter suchen. Seit Monaten versuche ich hier auf der Erde meinen Platz zu finden, einen Grund weshalb ich lebe. Das Einzige, was immer wieder passiert ist, dass ich kurz vor einer Vergewaltigung stehe oder ich verprügelt werde. Niemand hier will mich haben. Ich habe schon so viel probiert und... Es hilft einfach nichts."

Falk strich ihr vorsichtig tröstend über den Rücken.

Tira sah ihn an. "Wenn du mich nicht an deiner Seite haben willst, kann ich das durch aus verstehen. Wer will schon eine Missgeburt bei sich haben? Ich werd von den Menschen gemieden, weil das Wasser sich in meiner Gegenwart komisch verhält und von den Sturmkindern, weil ich keine Flügel habe. Ich habe gar keinen Platz verdient."

"Nein, das ist nicht wahr und du bist auch keine Missgeburt. Ich will dich an meiner Seite haben, aber nicht als Sklavin, denn Du sollst selbst entscheiden, ob du etwas machen willst oder nicht. Ich würde dich lieber als Gefährtin bei mir haben, als... gute Freundin."

"Wie kann ich denn deine Gefährtin oder Freundin sein, wenn du mir nicht einmal vertraust?", fragte Tira nach. "Du weißt doch genauso gut wie ich, dass ich eine Missgeburt bin. Ich werde für immer einsam sein! Selbst dieser Ciel hatte mir nur geholfen, weil er dachte, dass ich dir wichtig bin. Ansonsten hätte er mich liegen lassen... Mich verecken lassen."

"Ich finde nicht, dass Du eine Missgeburt bist." Falk sah sie an. "Vertrauen kann wachsen."

Tira drehte sich um. "Ich weiß nicht, ob es richtig ist."

"Es ist Deine Entscheidung."

Tira sah auf den Boden. "Ich will bei niemanden sein, der mich nicht mag und der mir nicht vertraut. Wie soll ich denn so an seiner Seite kämpfen?"

"Ich habe nicht gesagt, dass ich Dich nicht mag. Ich mag Dich durchaus. Du hast mir geholfen, obwohl wir uns gerade mal ein paar Minuten kannten. Und ich habe Dir vertraut, ich habe drauf vertraut, dass Du Mortifer aufhältst und so mein Leben rettest."

Tira sah Falk an. "Aber du vertrautest mir nicht, als ich mich in die größte Gefahr begab, um dich zu retten. Sag mir, wie ich es hätte sonst anstellen sollen."

"Es kam mir einfach in dem Moment falsch vor. Ich habe es falsch gesehen. Es tut mir leid."

Tira seufzte. "Jetzt wird Raven sich sicher nicht mehr mit nur einer Verbannung zufrieden geben..."

"Das ist alles nur wegen mir..."

Tira grinste ihn an. "Passt schon. Ich sterbe lieber, als ohne Grund weiter zu leben und wenn du mein Grund zum Leben bist, würde ich mich jederzeit für dich opfern. So habe ich es nämlich gelernt."

Falk sah zu Boden, dann sah er sie an.

Tira lächelte ihn an.

Falk lächelte zurück, dann wischte er sich mit einer Hand über die Stirn, worauf Dreck an seinem Handrücken zurückblieb. "Ich sollte mich mal waschen.", stellte er lachend fest.

Tira ließ es über ihn regnen. "Hier eine kleine Dusche." Sie lachte.